Was heisst regionaler IP-Datenverkehr im BRAIN ?
Zahlreiche Einrichtungen in Berlin/Potsdam wickeln ihren gesamten Internetverkehr (http, E-Mail, ftp, etc.) über das X-WiN ab. Dies wird über eine dedizierte Anbindung des Einrichtungs-Routers an den geografisch nächstgelegenen Access-Router des DFN realisiert. Einrichtungen, die nicht Teilnehmer am X-WiN sind, senden und empfangen ihren Internetverkehr über andere, in Berlin vertretene Provider.
Beim Austausch von Daten zwischen Berliner Einrichtungen sind zwei Fälle zu betrachten:
- Beide Einrichtungen sind X-WiN-Nutzer
In diesem Fall wird der Verkehr zwischen den X-WiN-Access-Routern des DFN, an denen die Einrichtungen angebunden sind, geroutet.
Die anfallenden Datenvolumina werden dem X-WiN-Teilnehmer angerechnet. Nimmt die Einrichtung am regionalen IP-Management des DFN teil, kann der zu zahlende Betrag für den lokalen Datenverkehr im günstigsten Fall auf Null reduziert werden. - Eine oder beide Einrichtungen nutzen externe Provider für Internet
In diesem Fall werden die Daten normalerweise am DE-CIX in Frankfurt zwischen den Providern ausgetauscht und von dort wieder nach Berlin transportiert. Ausnahme: Provider #1 und Provider #2 haben eine Peering-Vereinbarung mit Datenübergabe in Berlin. In jedem Fall werden die Volumina den Teilnehmern voll in Rechnung gestellt.
Für die BRAIN-Teilnehmer wurde jetzt eine Lösung erarbeitet, die es den Einrichtungen ermöglicht, den Berlin-lokalen Verkehr bevorzugt über den BRAIN-Backbone zu transportieren, ohne das ihnen daraus irgendwelche Kosten entstehen.
Bevorzugt bedeutet, das die Berlin-lokalen Daten im Normalfall durchs BRAIN laufen, im Störungsfall aber den gewohnten Weg durchs X-WiN bzw. anderer Provider-Netze nehmen (siehe nachfolgende Abbildung).
Voraussetzungen
Die teilnehmenden Einrichtungen müssen folgende Voraussetzungen erfüllen:
- mindestens ein Standort der Einrichtung ist an das BRAIN-Kernnetz angebunden
- der Einrichtungs-Router mit BRAIN-Interface muss das Protokoll BGP4 (RFC 1771) zum Austausch der Routen-Informationen beherrschen
Technische Umsetzung
→ Beispielkonfigurationen finden sie hier
Hintergrund
Normalerweise haben die Einrichtungs-Router eine Default-Route zu ihrem jeweiligen Internet-Provider. Jedes IP-Paket, dessen Zielnetz dem Einrichtungs-Router nicht bekannt ist, wird über die Default-Route zum jeweiligen Internet-Provider der Einrichtung geschickt.
Wenn Berliner Einrichtungen A und B Daten über den BRAIN-Backbone austauschen wollen, müssen die Einrichtungs-Router die Netze der jeweiligen anderen Einrichtung kennen, damit der Verkehr nicht per Default-Route zum Internet-Provider gelangt. Stattdessen muss als Gateway für diese Netze eine IP-Adresse eines BRAIN-Routers eingetragen werden. Die Informationen über die Netze der anderen Berliner Einrichtungen kann der Einrichtungs-Router auf zweierlei Wege erhalten:
- Statische Routen
Bei dieser Variante trägt der Administrator der Einrichtung alle bekannten Netze der anderen Berliner Einrichtungen als statische Routen auf dem Einrichtungs-Router ein. Diese Lösung hat gravierende Nachteile:- Ausfälle werden nicht erkannt:
Ist das Zielnetz auf Grund eines Ausfalls nicht mehr erreichbar oder der BRAIN-Backbone kann auf Grund eines Ausfalls keine Daten transportieren, „merkt“ der Einrichtungs-Router dies nicht. Stattdessen versucht er weiterhin die Daten über die statische Route zu senden – die Default-Route zieht hier nicht, da sie eine geringere Präferenz hat, als die statische Route. - hoher fehleranfälliger Administrationsaufwand:
Die Liste der über den BRAIN-Backbone erreichbaren Netze ändert sich. Jede Änderung muss der Netz-Administrator der Einrichtung auch auf seinem Router konfigurieren. Dies bedeutet zusätzlichen Aufwand. Bei einer fehlerhaften Eingabe einer Route kann es auch zu fehlerhaften Verhalten der Netzanbindung der Einrichtung kommen.
- Ausfälle werden nicht erkannt:
- Routing-Protokoll
Der Einrichtungs-Router erhält die aktuellen Netze über ein Routing-Protokoll und trägt sie (je nach Routing-Policy) in seine Routing-Tabellen ein. Vorteile dieser Lösung gegenüber statischen Routen:- Ausfälle werden erkannt:
Ist das Zielnetz auf Grund eines Ausfalls nicht mehr erreichbar oder der BRAIN-Backbone kann auf Grund eines Ausfalls keine Daten transportieren, werden diese Umstände dem Router vom Routing-Protokoll signalisiert. Die nicht mehr gültigen Zielrouten werden automatisch aus den Routing-Tabellen entfernt; Die zugehörigen Zielnetze können möglicherweise trotzdem noch über die Default-Route erreicht werden (je nach Art des Ausfalls). - geringer Administrationsaufwand:
Wurde das Routing-Protokoll einmal auf dem Einrichtungs-Router konfiguriert, entsteht kein weiterer administrativer Aufwand. Je nach Routing-Policy der Einrichtung werden neue Routen automatisch gelernt und ungültige Routen aus den Routing-Tabellen entfernt.
- Ausfälle werden erkannt:
Austausch der Routing-Informationen über BGP4
Die Routing-Informationen der von BRAIN und den Einrichtungen erreichbaren Zielnetze werden über das Routing-Protokoll BGP4 (RFC 1771) zwischen den BRAIN-Routern und den Einrichtungs-Routern ausgetauscht. Dazu wird zwischen beiden Routern ein Transportnetz konfiguriert und über dieses Transportnetz ein BGP4-Peering aufgesetzt.
Die Einrichtungen erhalten nach Rücksprache mit der BRAIN-Geschäftsstelle die notwendigen Daten für die Einrichtung des Peerings:
- IP-Adresse für lokales Interface und des remote-peers (BRAIN-Router)
- AS-Nummer (Autonomes System) für eigenen Router und BRAIN-AS-Nummer
Die Konfiguration ist relativ einfach und umfasst folgende Schritte:
- IP-Interface aufsetzen
- Nummer für eigenes Autonomes System einstellen
- je nach Routertyp eigene Netze announcen
- BRAIN-Peer als externen BGP-Peer einrichten
- BGP starten
Es folgt ein Beispiel für den Austausch der Routing-Informationen im BRAIN:
Beispielkonfigurationen für Enterasys und Cisco können auf Wunsch zur Verfügung gestellt werden.
IPv6-Aktivitäten im BRAIN
Die Nutzung von IPv6 im BRAIN-Verbundnetz ist vorbereitet, entsprechende Transitnetze wurden eingerichtet. Derzeit wird IPv6 von folgenden Einrichtungen eingesetzt: TUB, HUB, FUB (Informatik), Beuth-HS, das DHZB startet mit der IPv6-Einführung demnächst.
Routing-Policy im BRAIN-Verbundnetz
Die Routing-Policy für das BRAIN-Verbundnetz bestimmt, welcher IP-Verkehr durch den Backbone fließen darf. Maßgebend für die Einstufung in erlaubten und unerlaubten IP-Verkehr ist sowohl die Quell- als auch die Zieladresse der IP-Pakete, abhängig vom genutzten Dienst der Einrichtung. Für die angebotenen Main.Dienste ergeben sich daher folgende Regeln:
- X-WiN-Backup
Sämtlicher von der Einrichtung stammender Verkehr wird im Backup-Fall durch das BRAIN-Verbundnetz zum nächsten X-WiN-Übergang von BRAIN geleitet. Dabei muss die Quelladresse jedes IP-Pakets aus den Netzen der jeweiligen Einrichtung stammen (verhindern von Adress-Spoofing).
Daten aus dem Internet mit einer Zieladresse aus den Netzen der Einrichtung werden vom BRAIN-X-WiN-Übergang durch den Backbone zur Einrichtung geschickt.
Daten aus dem Internet mit einer Zieladresse, die nicht aus den Einrichtungsnetzen stammt, werden am BRAIN-X-WiN-Übergang gefiltert und gelangen so erst gar nicht in den Backbone. - Regionaler IP-Verkehr im BRAIN
Nimmt die Einrichtung am Dienst „Regionaler IP-Verkehr im BRAIN“ teil, werden Daten zu anderen BRAIN-Teilnehmern, die auch an diesem Dienst teilnehmen, direkt über den Backbone ausgetauscht. Die Quell- und Zieladressen der IP-Pakete müssen aus den Netzen der an diesem Dienst teilnehmenden Einrichtungen stammen.
Kosten
Der regionale Datenaustausch über BRAIN steht allen BRAIN-Teilnehmern im Rahmen ihres BRAIN-Vertrages kostenlos zur Verfügung.
Teilnehmer
Die folgenden Einrichtungen sind zur Zeit am Dienst „regionaler Datenverkehr über BRAIN“ beteiligt:
- BHT – Beuth-Hochschule für Technik
- CHARITÉ – Charité Universitätsmedizin Berlin
- HTW – Hochschule für Technik und Wirtschaft
- FIRST – Fraunhofer Institut für Rechnerarchitektur und Softwaretechnik
- FUB – Freie Universität Berlin
- FVB – Forschungsverbund Berlin
- HUB – Humboldt-Universität zu Berlin
- MPG – Max-Planck-Gesellschaft
- TUB – Technische Universität Berlin
- ZIB – Zuse-Institut Berlin
Interessenten wenden sich an …
Wenn Sie Fragen zum Dienst regionaler Datenverkehr über BRAIN haben oder Ihre Einrichtung den Dienst nutzen möchte,
wenden Sie sich bitte an die BRAIN-Geschäftsstelle.


